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Warum diese Komödie, jeden Tag?
Foto Endspiel

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Endspiel
von Samuel Beckett
Premiere: 2. Oktober 2003
Spielort: Wi.Z

Inszenierung Ralf Siebelt
Ausstattung Marion Eiselé
Klanginstallationen Edgar Mann
mit Wenzel Banneyer, Ina Fritsche, Gunnar Kolb und Leif Stawski

Aufführungen: Aktueller Spielplan

"Endspiel wird bloßes Spiel, nichts weniger."
Mit dem verschmitzten Lächeln seines Autors in den Zwischenzeilen zielt diese Kurzbeschreibung des Stückes auf den Reichtum, die theatrale Fülle der Möglichkeiten, die sich aus der radikal reduziertenSpielanordnung seines ENDSPIEL-Arrangements ergibt.
Die Figuren: Hamm, der König im Spiel, der Macher, der Herrscher. Blind und unbeweglich. Clov, unfähig zu sitzen, stets gehend, immer in Bewegung. Nell und Nagg, die Alten, die Vorfahren, als unbrauchbar eingemottet, wurzellose Köpfe, dahinvegetierende Last. Sie agieren in einem geschlossenen Raum, ohne nennenswertes Draußen, einem Refugium des Lebens im Nichts. Einem Theaterraum, in dem die Dialoge um uralte Fragen und uralte Antworten kreisen, in dem sich im Spiel der Wiederholungen Machtkämpfe spiegeln, Aufbegehren geprobt wird, in dem die Variation der immer gleichen Geschichte erklingt, in dem es kein Finale gibt, in dem es immer heißt: da capo.

Wir sind am Ende, deshalb spielen wir weiter. Spielen, um am Leben zu bleiben. Die Grenzen, an die wir stoßen, die Abhängigkeiten, in die wir uns begeben, die Brutalitäten, die wir uns zufügen, die ganze Kuriosität unseres Betragens zeigt sich in den glaskaren, in schmucklos genial verdichteter Sprache formulierten Spielanordnungen von ENDSPIEL. Dabei handelt es sich nicht um "Exerzitien der Trostlosigkeit", sondern um humorvolle, clowneske, schaurig-schöne Festakte des Theaters und seiner Spieler. Das Spiel ist alles. Mehr nicht? Nichts weniger.

Die Sozialsysteme kollabieren, der Generationenvertrag wird aufgekündigt, Bildung wird zum Fremdwort, Museen und Theater schließen ihre Pforten, und die öffentliche Hand sitzt in der globalisierten Fußgängerzone und bettelt.
Überlegen wir doch noch einmal, ob wir unsere einmalige Kulturlandschaft tatsächlich zu Brachland verkommen lassen, unsere kulturelle Identität, unsere geistigen Wurzeln wirklich in die Mülltonne stopfen wollen. Fangen wir an zu denken. Spielen wir. ENDSPIEL.

Erst als Dramatiker und erst im Alter von 47 Jahren wurde Samuel Beckett durch sein Stück WARTEN AUF GODOT bekannt. Zuvor hatte der 1906 in Dublin geborene und früh nach Paris ausgewanderte Autor mehrere Romane, Gedichte und Essays verfasst, sich als Übersetzer und Lehrer verdingt, hatte seelisch und körperlich gelitten unter dem ausbleibenden Erfolg. WARTEN AUF GODOT (1953) war sein Durchbruch. Danach folgten Theaterstücke, Szenen und Spielanordnungen, Übersetzungen und Inszenierungen seiner Stücke, Hörspiele, Film- und Fernseharbeiten und die Zuerkennung des Nobelpreises für Literatur 1967. Als Samuel Beckett 1989 im Alter von 83 Jahren in Paris starb, galt er längst als Klassiker des modernen Welttheaters.
ENDSPIEL stellte er 1956 fertig. Das schnörkellose Arrangement des Textes zu akzeptieren ist Kritikern und Zuschauern nicht immer leicht gefallen. Beckett selbst verweigerte jegliche Interpretation: "Wenn sich jemand über die Obertöne Kopfschmerzen machen will, möge er das ruhig tun. Und sich auch selbst um das Aspirin kümmern."