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"Home Is Where The Heart Is"
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HEYMAT
Texte, Töne, Lieder

Aalener Nachrichten, 2.1.2003
"Heymat" - heitere Melancholie statt Schwermut

  • Mit der Premiere seiner neuen Produktion "Heymat" verabschiedete das Stadttheater Aalen das Jahr 2002. Im ausverkauften Studio im Alten Rathaus am Marktbrunnen setzten sich die überwiegend "zugereisten" Ensemblemitglieder mit ihrer wohl auch persönlich erfahrenen Situation in der "Fremde" auseinander.

    So hat man sich den nachgestellten Bahnhof Aalen zum Handlungsort einer Nummernrevue erkoren, in der Heiteres und Ernstes, Gesungenes und Gesprochenes eine schlüssige Verbindung eingehen in dem Versuch, den Begriff Heimat dezent zu entzaubern, ohne ihn plump-cool zu vernichten.

    Natürlich kann man an das Thema "härter" rangehen, den Heimatbegriff als Relikt schwülstigen Biedermeiertums abkanzeln, den Versuch verzweifelter Abgrenzung gegen die Blut- und Boden-Ideologie unternehmen, es ließen sich so viele Argumente gegen "Heimat" anführen.

    Nur, selbst "Global Players", deren Manager mit der Concorde zu Gesprächsterminen jetten, um abends die Füße wieder unter dem heimischen Nussbaumtisch ausstrecken zu können, von ihren Untergebenen aber Flexibilität und Ungebundenheit verlangen - sind sie nicht ein beredtes Zeugnis für das unzerstörbare Gefühl von Behaustheit? Sicher, "Heimat" ist unmodern, auch und gerade wegen des brutalen Marketings der Arbeitswelt, aber sie stellt ein Grundbedürfnis dar.

    Eine Ambivalenz, die es auszuhalten gilt. Und die das Aalener Theater dadurch umsetzt, dass Komödiantisches und Lyrisches unmittelbar gegeneinander gesetzt wird, so mancher Lacher, über das sächsische oder das norddeutsche Idiom etwa, erstickt abrupt, wenn der Inhalt erkannt wird. Giuseppe Verdis "Gefangenenchor" behält seine eindrückliche Wirkung, auch wenn er in "unpassender" Umgebung dargeboten wird.

    Gleiches gilt selbst für ein Schlagertext der Sängerin Alexandra, deren Leben vielfachen Heimatverlust erleiden musste.

    So ist eine der Qualitäten dieser Aufführung ihre Mehrschichtigkeit: Musicalhafte Anleihen bei Gesang und Tanz (eine Auswahl des hochmotivierten Aalener Kammerchors steuert zahlreiche Chorsätze bei) kontrastieren mit intensiven Darstellungen klassischer oder neuerer Texte von Nietzsche, Eichendorff oder Frisch, um nur einige zu nennen.

    Und mit der Rezitation etwa eines Textes vom Sprachkünstler und "Starkdeutsch"-Erfinder Ernst Jandl bekommt auch das Zwerchfell des Publikums reichlich zu tun.
    (Helmut F. Sola)