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SPIEGLEIN | SPIEGLEIN
vom Jugendspielclub "Act Off"

Schwäbische Post, 4.7.2005
Anubis weiß, was Menschen wünschen
Das Stück "Spieglein / Spieglein" des Jugendspielclubs "Act off" hatte im Studio Premiere

  • Volker Schubert, Theaterpädagoge am Theater der Stadt Aalen, und seinen jugendlichen Akteuren ist eine beachtliche Inszenierung gelungen: Im ausverkauften Studio auf StockZwo konnten sie eine gelungene Premiere des selbst verfassten Stücks "Spieglein / Spieglein - Ein Stück Schönheit" feiern.
    Anubis (hervorragend gespielt von Manuel Stotzka) ist der Meister der Gestaltung des menschlichen Körpers. Er trägt mit Vorliebe schwarze Pumps, eine Federboa und Netzstrümpfe, und hat sich der Ausmerzung der Hässlichkeit verschrieben, um gleichzeitig den Neid aus der Welt zu schaffen.
    In seinem skurrilen Reich sind alle Gestalten von Selbstzweifeln zerfressen, und auf der Suche nach vollkommener Schönheit. Sie alle stehen vor dem Spiegel und wünschen sich an ihren Körpern hier ein bisschen weniger, dort ein wenig mehr. Ein befremdliches Horrorszenario, oder vielmehr der normale alltägliche Wahnsinn in den Köpfen "moderner" Jugendlicher? Anubis kennt ihre geheimen Wünsche, und wie eine Märchenfee kann er sie sogar erfüllen. Zwar nicht mit einem Zauberstab, aber mit seinem virtuosen Skalpell. Doch der Preis ist hoch, den er verlangt. Und trotzdem sind sie bereit, ihn zu bezahlen. Denn wer schön sein will, muss bekanntlich leiden. Auch Lucy, die durch einen Kleiderschrank in diese Zwischenwelt hineingerät, kann sich am Ende seinem Bann nicht entziehen.
    Das Stück "Spieglein / Spieglein" ist eine Collage aus vielen Einzelelementen: ein Schönheitschat aus dem Internet, ein Fitnessvideo und ein befremdliches Selbstmordvideo für eine Verschönerung nach dem Wiederauftauen sind unter anderem in die Handlung verwoben.
    Diese Versatzstücke sind in eine Geschichte eingebettet, die auf dem Konzept der unlängst erfolgreich ausgestrahlten Fernsehshow "The Swan" basiert. Die Figuren des Stücks geben sehr trocken und detailgenau die Prozeduren einer Schönheitsoperation wieder, hantieren mit übergroßen Spritzen, Bindfäden und Verbänden, und steigern so die Beschreibungen ins Groteske.
    Gewürzt mit reichlich schwarzem und extrem bissigem Humor, enthält sich das Stück aber stets einer moralischen Wertung. Die Autoren beurteilen die Entwicklung nicht, sie stellen nur fest, dass eine operative Korrektur heute schon bei Jugendlichen als ein allgemein akzeptierter Weg gilt, vermeintliche körperliche Mängel zu beseitigen. Und das mit dem Blick eines Wissenschaftlers, der zwar interessiert, aber ohne jegliche Emotionen einen zappelnden Käfer unter der Lupe beobachtet.
    Das Ende bleibt dabei offen. Letztlich ist es im Stück wie im wahren Leben: niemand weiß, wie es ausgehen wird. Es spielten: Lucy (Laura Buchinger), Anubis (Manuel Stotzka), Julie (Laura Lepper), Edith (Daniela Bohner), Dr. Al Chiriki (Vatan Ukaj), Mona / S'Dorles Mutter (Kathrin Strobel), S'Dorle (Inga Gerdau), Lisa (Emily Haupt), Mitch (Simon Zurek), Leo (Viktor Stabel).
    (Andrea Kombartzky)

Aalener Nachrichten, 4.7.2005
Wenn Schönheitskult zur Dummheit wird
Die irrationale Welt von Anubis ist Schauplatz einer Geschichte über die künstliche Schönheit. Der Jugendspielclub "Act off" hat ein wunderbares Stück über die Irrungen und Wirrungen um den Körperkult aufgeführt. Am Freitag war Premiere vor einem begeisterten Publikum.

  • Mit "Spieglein, Spieglein" haben der Jugendspielclub des Theaters der Stadt Aalen und Theaterpädagoge Volker Schubert ein eigenes Stück inszeniert, das – voller Humor und feinem Zynismus – den Schönheitskult auf die Schippe nimmt. In Anubis Reich, dem Meister der Gestaltung menschlicher Körper, ist nichts wie es scheint. Der selbstverliebte, in Frauenkleidern herumlaufende Psychopath, herrlich gespielt von Manuel Stotzka, hat nur ein Ziel: Schönheit nach seiner Vorstellung schaffen und für die Ewigkeit konservieren, wie im ägyptischen Totenbuch. Dazu ist ihm jedes Mittel recht. Die Menschen in seinem Einflussbereich werden zu willenlosen, maskenhaften Marionetten, die nur noch der Schönheit huldigen. Dabei merken sie nicht, dass sich Anubis über sie lustig macht und sich an ihrer Dummheit erfreut.
    Lucy (Laura Buchinger) fällt durch den Schrank in diese Schattenwelt und wird von Anubis entdeckt. Er lässt sie in Spiegel blicken. Der erste zeigt ihr, wie sie sein möchte, wunderschön wie ihre Schwester. Der zweite bleibt leer, sie wird von den anderen nicht wahrgenommen. Die Spiegel spielen in dem Stück eine zentrale Rolle. Sie zeigen jedem eine andere Wirklichkeit. Ganz wie Anubis es will, manipuliert er alle. Er konfrontiert Lucy mit ihren verdrängten Gefühlen und Ängsten und zieht sie langsam auf seine Seite. Lucy entdeckt viele bekannte Gesichter. Die schöne Schwester Julie (Laura Lepper), die immer bevorzugt wurde, ist längst Anubis verfallen. Sie sieht sich als böse Königin in "Schneewittchen". Für eine Schönheitsoperation machen die Freundinnen, Edith (Daniela Bohner), s´Dorle (Inga Gerdau) und Lisa (Emily Haupt), alles, und Anubis kann mit Dr. Al Chiriki (Vatan Ukaj) immer neue, verrücktere Methoden ausprobieren. Mona (Kathrin Strobel), Dorles Mutter, ist machtlos. Mitch (Simon Zurek) strampelt sich im Fitnessstudio (Videoausschnitt) für einen perfekten Body ab. Für viel Erheiterung sorgt die Schönheitsoperation zur Fettabsaugung – an einer Bratwurst.
    Die Bühne wird zum Showroom, als Lucy nach ihrer Verwandlung auftritt und ihr neues Gesicht enthüllt wird. Die anfängliche Freude wird zum blanken Entsetzen. Die neue Operationsmethode hat erschreckende Nebenwirkungen, auch für Julie. Anubis jubelt: Willkommen in der Babypuppenarmee. Von Leo (Viktor Stabel), gibt es per Video noch ein Lebenszeichen zum Schluss. Der Gegner von Schönheitsoperationen macht es wie Frankenstein. Er lässt sich einfrieren und seinen Körper runderneuern, mit zehnjähriger Garantie.
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