zurück

Schwäbische Post, 19.10.2004
Voll visionärer Kraft
Sie selbst hoffen innerhalb dieser Spielzeit bis zum "Paradies" vorzudringen. Simone Sterr, Ralf Siebelt, Winfried Tobias, Katja Gaudard und Gunnar Kolb begannen in der vergangenen Freitagnacht einen fünfteiligen Lesezirkel aus der "Göttlichen Komödie" - der "Divina Commedia"

  • Dämmerlicht hüllt die Fresken und das Kreuz in der ältesten Kirche der Stadt - der Johanneskirche - in eine spannende Atmosphäre. Kirchenmusikdirektor Thomas Haller spielt eine Totensequenz aus dem 12. Jahrhundert. Alles wie geschaffen für das Stück Weltliteratur des italienischen Dichters. Dante erzählt in allegorisch-lehrhafter Weise die Wendung seiner sündigen Seele zum ewigen Heil durch die drei Reiche des Jenseits: Inferno (Hölle), Purgatorio (Läuterungsberg) und Paradiso (Paradies). Dabei begegnet er den Seelen Verstorbener, Virgil ist sein Führer. In von einer oft zwiespältigen Haltung getragenen Weise rezitieren die fünf Schauspieler, teilen fragmentarisch die Rollen des Virgil oder der Beatrice auf. Die Verlesung der Abschnitte lässt den Zuhörer Orientierung im Dschungel der Doppeldeutigkeit finden. Immerhin hat das Ensemble die Ambition, sich mit den Zuhörern durch 100 Gesänge in fünf Abenden jeweils einmal im Monat durchzudenken. An jenem Freitag waren es nur fünf. Doch der anerkennende Applaus motivierten die Rezitatoren, für die nächste Lesung noch mehr Gesänge vorzubereiten. Es hat schon was, die aus dem 14. Jahrhundert stammenden Worte des Dichters und Philosophen, voll von visionärer Kraft, in diesem Ambiente zu hören. Weltliteratur, die durch ihre immerwährende Bedeutung und Gültigkeit, durch ihre kraftvolle Poesie, besticht und einen fast vergessenen Weg zum Paradies zurückruft.
    (Dante Alighieri)